Truly Great: Vom Bilanzjongleur zum Babyölproduzent

Donnerstag, 05.04.2018

16-Stunden-Arbeitstage kennt Reinhard Gamper aus seiner Zeit bei Ernst & Young. Jetzt arbeitet er mindestens genauso viel, aber in einem Bereich, der viel mehr Freude bereiten dürfte: Der Südstern aus Eppan hat ein eigenes Label für Babyprodukte.



Wie wird aus einem Ernst & Young-Wirtschaftsprüfer ein Startup-Unternehmer für Babyprodukte?
Als die ersten Paare aus meinem Freundeskreis Eltern wurden, wollte ich ihnen bzw. den Babys etwas schenken. Ich habe mich umgesehen, habe mich darüber informiert, was Babys denn so brauchen, habe zu Produkten recherchiert - und zu meiner Ernüchterung festgestellt, was es denn eigentlich alles an "Schrott" auf dem Markt gibt.
Irgendwann wurde dann mein guter Freund Sascha, mit dem ich bei Ernst & Young zusammengearbeitet hatte, Vater - und ich stand vor dem gleichen Problem: Was schenke ich denn dem Kind? So wurde dann die gemeinsame Idee geboren: Wir machen selbst Baby-Produkte!

Ausgerechnet Baby-Produkte. Von denen gibt es bereits gefühlt Hunderttausende.
Genau :-). Der Markt ist tatsächlich hart umkämpft und es ist sicher nicht einfach, unsere Marke aufzubauen. Aber es ist Platz für gute Produkte da. Wir wissen, dass die Konsumenten immer besser informiert sind und durch Transparenz am Markt schlechte Produkte von guten unterscheiden und so bewusste Entscheidungen treffen können. Wir arbeiten auch eng mit Hebammen und Gynäkologen zusammen, denn es ist uns wichtig, dass die Babys gesund sind. Unsere Produkte sollen ganzheitlich sein, das ist uns besonders wichtig.

Was bedeutet "ganzheitlich" für dich?
Das Ganzheitliche beginnt für uns schon mal bei der Verpackung. Damit die Inhaltsstoffe konserviert werden können und das Baby nicht aus Versehen an das Produkt gelangt, muss die Verpackung aus Plastik sein. Doch wir produzieren nachhaltiges Plastik: Laut Greenpeace ist Zuckerrohr der nachhaltigste Rohstoff für die Plastik-Produktion. Unsere Verpackung kommt aus Österreich und ist nach COSMOS Organic und V-Label zertifiziert. 
Wichtig ist uns auch - Mütter kennen es - dass das Produkt mit einer Hand einfach zu bedienen ist, getreu dem Grundsatz: 1 Hand am Baby, 1 Hand am Produkt. 
Natürlich muss auch das Packaging-Design ansprechend sein, und muss dank moderner Technik nicht nach Öko aussehen, denn keiner möchte hässliche Produkte im Bad verstecken müssen.

Du kommst aus der Wirtschaft, dein Geschäftspartner ebenso. Woher nehmt ihr das Know-How für die Produktion neuer Baby-Produkte?
Vor dieser Herausforderung standen wir anfangs: Wir hatten uns gut eingelesen und viel recherchiert, aber richtig Ahnung von Inhaltsstoffen hatten wir nicht. Deshalb brauchten - und brauchen - wir jemanden, der sich damit auskennt und dem wir vertrauen können. Und diese Person haben wir in Katrin gefunden. Katrin ist eine Bekannte aus Kaltern, die in Frankfurt wohnt und im Labor einer großen Apotheke arbeitet. Ich habe sie damals einfach angerufen, ihr unser Vorhaben erzählt - und sie war sofort begeistert und gleich dabei! Und so haben wir gemeinsam begonnen, an unseren Produkten zu arbeiten. 
Wir haben uns im Vorfeld auch mit vielen Müttern getroffen, um herauszufinden, welche Produkte denn am dringendsten gebraucht werden. Das Ergebnis war eindeutig: Babyöl, Babywash und Wundcreme. 
Was die Inhaltsstoffe betrifft, so basiert diese erste Serie auf Hanföl, Traubenkernöl und Granatapfelöl. Alle drei Öle sind gut gegen Neurodermitis, von der die Babys durch das Tragen der Windel betroffen sind. Alle Öle haben zudem heilende Wirkung und erneuern die Zellstruktur. Die Haut wird sanft und geschmeidig und die Öle schützen vor Außeneinwirkungen.


Reinhard Gamper                             Katrin                                            Sascha

Wie finanziert ihr euch in dieser frühen Phase?
Bis dato habe ich das gesamte Unternehmen aus eigener Tasche finanziert. 
Nun haben wir aber eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, damit wir mit Ende Juni in Produktion gehen können. Die ersten 30% haben wir schon geschafft, doch jetzt sind die restlichen 70% erst zu knacken. Wir brauchen also noch jede Menge Unterstützung. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass wir genügend Geld zusammen bekommen. Wer uns unterstützt, bekommt auch ein tolles Dankeschön. Dazu mein Tipp: Babyöl ist nicht nur für Babys gut, sondern auch für erwachsene Haut zu empfehlen!
Wer gern zu unserem Produkt beitragen mag, kann dies auf unserer Funding-Seite tun: https://www.startnext.com/trulygreat.
Wir sind der Überzeugung, dass jeder eine bestimmte soziale Verantwortung hat. Deshalb geben wir 5% der Summe, die wir über Crowdfunding generieren, auch an ATMOS weiter. Es ist dies ein Produkt rund um Chris Müller, den Direktor der Tabaktrafik in Linz. Seine Tochter leidet an Mukoviszidose; diese Krankheit ist bis heute unheilbar. Wir spenden das Geld, damit die Forschung in dieser Krankheit weiterbetrieben werden kann - vielleicht wir die Krankheit ja eines Tages heilbar. 

Startup-Finanzierung ist ja derzeit recht populär. TV-Sender haben das Thema aufgegriffen und bieten unterschiedliche Formate an. Schon mal an eine Bewerbung gedacht?
TV-Shows wie "Die Höhle der Löwen" sind interessant und wir haben uns eine Teilnahme schon überlegt. Derzeit wollen wir uns aber auf das Crowdfunding konzentrieren, in Serie gehen und die ersten Umsätze am Markt erzielen. Danach können wir uns durchaus vorstellen, an einer deutschen Show teilzunehmen. Noch sind wir in einem zu frühen Stadium um ein ernsthafter Teilnehmer zu sein.

Wenn alles gut läuft und ihr Ende Juni mit euren Produkten auf den Markt kommt: Wo sind sie denn zu finden?
Wir vertreiben unsere Produkte zunächst über unseren eigenen Online-Shop, haben aber bereits auch Abkommen mit ausgewählten Apotheken. Diese sind übrigens sofort auf unsere Produkte angesprungen. Mit größeren Drogerie-Märkten sind wir auch im Gespräch, denn wir wollen auf jeden Fall auch in den stationären Handel und uns nicht nur auf den Online-Handel beschränken.


Gewinner der Start-Verlosung                                      Die erste Produktserie

Lass uns den Bogen zu Südstern spannen: Du bist seit sechs Jahren Südstern. Wie bist du dazu gekommen?
Ich lebe schon seit vielen Jahren in Wien. Und ich wollte zum Südstern Event in Wien. Und ich hatte keinen blauen Schurz :-). Seit der Teilnahme am Event bin ich Südstern und schon länger auch gut mit David Calas, dem Moderator des Planeten Wien, befreundet.
Ich bin begeisterter Südstern. Denn die meisten im Netzwerk sind ja wirklich "Performer" und top Botschafter für unser Land. 
Super wäre, wenn es noch mehr Planeten, als Fachgruppen, gäbe. Denn wir Südsterne haben viel zu erzählen, auch inhaltlich.

Was würdest du jungen Südsternen sagen, die sich wie du selbstständig machen wollen?
Grundsätzlich lautet mein Tipp: Einfach mal machen! Aber seid dabei keine One-Man-Show. Sucht euch Partner, stellt euch gut auf!
Viele Länder bieten ja mittlerweile gute Beratung für Startups an und begleiten junge Unternehmen auch teils sehr intensiv. 
Sich selbstständig zu machen, ist total spannend. Aber es bedeutet auch Verzicht. Verzicht auf bestimmte Lebensstandards, die man vielleicht gewohnt war. Und eine bestimmte Leidensbereitschaft ist wichtig.

Was, wenn's nicht läuft?
Ich bin natürlich guter Dinge, dass wir mit unseren Produkten erfolgreich sein werden.
Wenn wir es nicht schaffen sollten, dann suchen wir eben nach neuen Lösungen. Es ist ja in Wirklichkeit so, dass Startups ihre Geschäftsmodelle öfters ändern, bis sie das richtige gefunden haben. Und dann läuft's. 
Scheitern ist also erstmal auch erlaubt :-). Erfolg ist, einmal öfter aufstehen als man hinfällt. Und hinfallen wird man oft.

Vielen herzlichen Dank für das Interview und alles Gute!
Danke!

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Startup

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