Seiner Zeit voraus, immer schon

Dienstag, 22.09.2020
Mit 13 Jahren hackte sich Dominik Schiener an die Spitze des weltbekannten Computerspiels „Call of Duty”, später verhalf er anderen Gamern zu Spitzenpositionen – gegen Bezahlung. Der Lajener verstand früh: Mit dem Internet lässt sich Geld verdienen. Mit 17 gründete der Südstern das erste Unternehmen und gehört heute zu den erfolgreichsten Blockchain-Unternehmern. Seit 2015 steht er IOTA vor. Die gemeinnützige Stiftung hat sich auf die Fahne geschrieben, sichere Bezahlung zwischen zwei Maschinen im Internet der Dinge zu entwickeln. Eine echte Konkurrenz für die Digitalwährung Bitcoin. Schiener ist einer der vier Speaker beim diesjährigen Südstern Businesstalk. Im Interview erzählt er, warum die Corona-Pandemie Digitalisierung im Schnelldurchlauf bedeutet.

 

Als 2014 der erste große Bitcoin-Crash kam, haben Sie Ihr ganzes Geld verloren und mussten Ihr Unternehmen verkaufen. Was waren ihre ersten Gedanken, als sich die ersten Auswirkungen der Corona-Pandemie abzeichneten?

Als Unternehmer ist man das Up und Down gewöhnt, speziell wenn man wie ich so lange im Bereich von Blockchain und Krypto tätig ist. Im Februar und März, als die Kryptomärkte und auch der Stockmarket eingebrochen sind, dachte ich schon: everything is going down. Aber dann kam auch wieder das Gefühl, dass es schon irgendwie besser werden wird. Schon vor Corona hatten wir bei IOTA keine Büros. Homeoffice war uns nicht fremd. Unser Workmodus war also nicht beeinträchtigt. Wir haben uns auf Notfallpläne fokussiert, versucht, Kosten zu reduzieren. Im Mobilitätssektor haben Unternehmen größere Projekte gestoppt, weil sie stark von der Krise betroffen sind. Ansonsten haben wir es gut überstanden und sind stärker aus der Sache herausgekommen. 

 

Inwiefern? 

Wir haben realisiert, dass wir uns mehr auf die Produkte fokussieren sollen, die einen Impact haben. Wir haben vorher auch Projekte verfolgt, die nicht essentiell waren. Durch die Pandemie haben wir gelernt, uns auf das Kernbusiness zu fokussieren. 

 

Viele können mit Kryptowährung nichts anfangen. Was macht IOTA genau?

Wir haben IOTA deshalb gegründet, weil wir realisiert haben, dass es für das Internet der Dinge, also vernetzte Maschinen, einen Vertrauenslayer braucht. Mit anderen Worten: ein technisches Protokoll, das es ermöglicht, den Daten, die jemand von Maschinen bekommt, zu vertrauen. Vertrauen ist das zentrale Thema: Wenn es ums Internet geht, haben wir ein Problem damit. 

 

Webseiten werden gehackt, Daten gestohlen und verkauft. Kein Wunder, dass Verbraucher misstrauisch sind. 

Genau daher rührt das riesige Problem mit der Privacy. Die Mission hinter IOTA ist, ein neues technisches Protokoll zu entwickeln, das den Menschen ermöglicht zu entscheiden, ob sie die Daten verkaufen wollen oder nicht. Wir entwickeln dafür eine Art Plattform, auf der jeder dieses Protokoll verwenden kann, um Applikationen daraus zu entwickeln. 

 

Welche könnten das zum Beispiel sein?

Ein Beispiel ist, dass das Auto die Parkgebühr automatisch verrichtet. Das Ziel ist, Vertrauen in das System und die Transaktionen zu haben, die man ausführt. Und die digitale Infrastruktur in die physische zu integrieren und sich nicht mehr darum kümmern zu müssen. 

 

Bargeld oder Karte: Wie bezahlen Sie?

Leider noch viel zu oft mit Geldscheinen. Unsere Vision ist ein komplett bargeldloses digitales Bezahlen, weil es viel sicherer ist.  

 

Manche Menschen verunsichert gerade das digitale Bezahlen. 

Und damit sind wir wieder beim Vertrauen. Selbst große digitale Plattformen wie Google, Facebook oder Yahoo werden gehackt und Daten gestohlen. Eben deshalb brauchen wir eine digitale Struktur, die Vertrauen schafft.

Werden wir irgendwann sagen: Dank Corona konnten wir die Welt im Schnelldurchlauf digitalisieren?

Regierungen und große Unternehmen haben realisiert: Wir müssen digitalisieren, um konkurrenzfähig zu bleiben. IOTA arbeitet zum Beispiel mit einigen Energieunternehmen zusammen. Für sie war die Umstellung auf die neue Kommunikation im Homeoffice eine riesige Herausforderung. Unternehmen haben realisiert, dass es hier nicht nur um Innovation geht. Digitalisierung ist eine absolute Notwendigkeit. Weil man sonst Geld verliert und nicht mehr so konkurrenzfähig ist wie andere Unternehmen. Die Entwicklung in dem Bereich wird rasant voranschreiten.  

 

Sie waren Ihrer Zeit schon als Oberschüler weit voraus. Die Eltern wollten, dass Sie Maurer werden. Konnten Sie sich mittlerweile mit diesem Internet anfreunden?

Seit ich bei Markus Lanz in seiner Talkshow zu Gast war, haben sie mehr verstanden, was ich mache und dass man mit dem Internet auch Geld verdienen kann. Ihre Geduld in der Hinsicht ist definitiv größer geworden. 

 

Damals war Ihnen Südtirol zu rückständig, was Forschung und Innovation betrifft. Könnte das Land durch die Pandemie ein begehrterer Standort werden?

Sicher. Corona hat uns gezeigt, dass wir keine riesigen Office-Flächen brauchen, weil wir vielfach in der Lage sind, die Arbeit von daheim aus zu machen. Fundamental ist, dass die Arbeit gemacht wird. Mich interessiert nicht, ob jemand um 9 oder um 11 Uhr am Morgen aufsteht, sondern ob er abliefert. Insofern gibt die Entwicklung den Menschen mehr Flexibilität, ihren Alltag zu organisieren und selbst zu gestalten. Ich denke, ich könnte auch von Südtirol aus arbeiten und das Team managen. Für viele Firmen wird das Homeoffice sicher längerfristig erhalten bleiben. Aber das Office als solches wird nicht sterben.  Wenn wir zum Beispiel komplexe Research-Themen bearbeiten, ist es notwendig, zusammenzusitzen, um Probleme zu besprechen. Und dann darf man nicht vergessen: Es ist schwierig, ein Team virtuell zu leiten und die richtige Balance zu finden. Das benötigt Erfahrung und Vertrauen in die Mitarbeiter. Wir bei IOTA wollen aus unseren Erfahrungen für die Zukunft lernen und werden in den nächsten Wochen ein Paper publizieren, wie man das Team virtuell managen kann. 

 

In einem Interview haben Sie einmal gesagt, dass sie kein besonders geselliger Mensch seien. Hat sich das in den vergangenen Monaten geändert?

(lacht) Teilweise ja. Was IOTA betrifft, bin ich ja schon sehr sozial eingestellt. Das Unternehmen wird von einer Stiftung beaufsichtigt, einer Non-Profit-Organisation, die die Technologie für alle Entwickler lizenzfrei hält. Meine Antwort damals hat sich eher auf den privaten Bereich bezogen. Was Familie und Freunde betrifft, habe ich schon realisiert, dass man besonders in der Pandemie mehr Kontakt halten und mehr miteinander reden muss. Vor Corona dachte ich immer: Wenn ich will, bin ich in drei Stunden in Südtirol. Das ging plötzlich nicht mehr, und das hat mir schon zu denken gegeben. 

 

Wie oft saßen Sie vor Corona im Flieger?

100 Mal im Jahr, mindestens. Jetzt brauchte es das plötzlich nicht mehr. Es war ja oft so, dass man zu einem Meeting gefahren ist, mit dem sicheren Ziel etwas final zu besprechen, und dann hat es doch nicht geklappt. Die Menschen werden in Zukunft weniger mobil sein wegen der Arbeit. Und es gibt noch eine andere wichtige Entwicklung. Viele Staaten und Unternehmen haben realisiert, dass sie ihre Versorgungsketten überdenken müssen. Es hat mit nationaler Sicherheit zu tun, wenn ein Land sich in einer Krise nicht mehr mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgen kann. Was ist die Folge davon? Unternehmen werden mehr lokal investieren. 

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