Der Blick ins All fällt leichter als eine Zugfahrt nach Hause

Montag, 02.04.2012

Oliver Mauroner ist der neue Marketingleiter am Fraunhofer-Institut in Jena. Dort, wo Goethe seinerzeit die Facetten des Lichts studierte, hat sich der 35-jährige Kastelruther niedergelassen und ist überzeugt: Die Optik gibt der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz grünes Licht.

 

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1. Seit Anfang des Jahres sind Sie Leiter der Marketingabteilung am Fraunhofer-Institut in Jena. Wie verlief der Start in Ihrer neuen Funktion?

Es ging gleich super los. Unser Institut feierte zu Jahresbeginn sein 20-jähriges Bestehen und da organisierten wir natürlich ein tolles Event.  Mit dabei waren etwa die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht, Politiker aus Berlin und viele unserer Wirtschaftspartner. Nach dem ganzen Trubel habe ich mich daran gemacht, meine Abteilung zu strukturieren, damit jeder weiß, welche Aufgaben er hat und wir gegenseitig wissen, was wir voneinander zu erwarten haben. Es ist schon eine Herausforderung, wenn man plötzlich vom Kollegen zum Chef wird.

 

2. Was führte Sie nach Jena und wodurch zeichnet sich dieser Standort für Sie aus?

Letztlich war es eine Mischung aus Karriere und Liebe. 1995 habe ich mein Studium ganz in der Nähe von Jena begonnen – an der Technischen Universität Ilmenau. Das ist eine kleine Uni, aber gerade das fand ich super. Ich habe viele nette Leute kennengelernt, manche davon sind auch zehn Jahre nach dem Studium wirkliche Freunde geblieben. Auch meine Frau Conny habe ich im Studium kennengelernt. Zusammen mit ihr und unseren drei wunderbaren Töchtern lebe ich jetzt in Weimar, eine knappe halbe Stunde von meinem Arbeitsplatz entfernt. Hier tummelten sich einst Leute wie Goethe, Schiller, Liszt, Nietzsche, Herder, Bach und natürlich die Architekten und Designer der Bauhaus-Schule. Gegenüber dem High-Tech-Standort Jena ist das kulturelle Weimar genau richtig.

 

3. Welche neuen Aufgaben erwarten Sie nun als Marketing-Chef und auf welche Strategien setzen Sie dabei?

Im Moment widme ich viel Zeit unserem Internetauftritt; den will ich verbessern und den Bedürfnissen der User besser anpassen. Bislang hatten wir kaum Ahnung, wer auf unsere Webseite zugreift und warum.

Das schauen wir uns nun an und probieren verschiedene Sachen aus, um Zugriffe und Verweildauern zu steigern. Letztlich ist die Homepage das wichtigste Marketinginstrument – neben dem persönlichen Kontakt natürlich.

 

4. Jena, die zweitgrößte Stadt in Thüringen, ist als „Lichtstadt“ bekannt. Welche Rolle spielen optische Technologien schon jetzt in unserem Alltag und welchen Stellenwert wird das Licht in Zukunftstechnologien haben?

Moderne Optiken stecken in vielen alltäglichen Dingen. Das Objektiv einer Handykamera, der LED-Fernseher, die Computermaus oder der Laser im CD-Laufwerk – das alles sind Themen, an denen wir am Institut forschen. Aber Optik ist noch viel mehr. Wir arbeiten etwa an Spiegeln für Teleskope, die ins Weltall geschickt werden und dort für die Erforschung des Planeten Merkur gebraucht werden. Zukünftig wird die Bedeutung der Optik noch zunehmen, gerade wenn es um die Nachhaltigkeit und die Einsparung von Ressourcen geht. Das fängt bei der Solarenergie an und hört bei der sparsamen LED-Beleuchtung noch lange nicht auf.

 

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5. Ihre Karriere am Fraunhofer-Institut begann bereits 2002. Worauf kommt es bei der Vermarktung von Innovationen an und was hat sich in den vergangenen zehn Jahren verändert?

Das Timing ist wichtig. Es kommt darauf an, zur rechten Zeit auf das Thema zu setzen, das sowohl für Firmen, als auch für die Menschen relevant ist. Im Moment steht etwa das Thema 3D ganz groß auf der Tagesordnung. Wir arbeiten mit verschiedenen Firmen an 3D-Kameras. Bei den LED-Leuchten sind die wesentlichen technologischen Schritte hingegen schon getan. Jetzt sind die Firmen an der Reihe, die richtigen Produkte und Systemlösungen anzubieten, damit sich die Technologie auch wirklich durchsetzt.

Aus der Sicht der Forschung hat sich in den letzten Jahren die nationale, aber auch die europäische Förderpolitik etwas verändert. Die Förderung wendet sich nun verstärkt den gesellschaftlichen Themen zu. Ein Beispiel: Vor einigen Jahren ging es um Förderung von Lasertechnologien für die Fertigung, heute stehen Mobilität, Ressourceneffizienz und Klimawandel im Vordergrund. All diese Themen kann man letztlich auch mit Lasertechnologie ansprechen. Diesen Zusammenhang zu kommunizieren ist die Aufgabe von Wissenschaftsmarketing.

 

6. Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik verbindet Wissenschaft und Wirtschaft. Wodurch zeichnen sich technologieorientierte Märkte aus und welche Herausforderungen bringen Hochtechnologien mit sich?

Bei der Vermarktung neuer Forschungsergebnisse sind immer mehr komplette Systeme gefragt und nicht mehr nur einzelne Bausteine. Das Institut muss sicherstellen, dass die Dinge, die es entwickelt, auch effizient produziert, geliefert und eingesetzt werden können. Die Schnittstellen und das ganze Handling müssen stimmen.

 

7. Inwiefern spielen Netzwerke in der Kooperation zwischen Forschung und Industrie eine Rolle und inwieweit können Social Media dafür genutzt werden?

Diese Netzwerke spielen immer noch eine wichtige Rolle und das wird sich auch in Zeiten von Internet und Social Media nicht ändern. Man spricht auch von „Place matters“, zu Deutsch heißt das, der Standort ist immer noch von Bedeutung. Gerade deshalb sind die sogenannten Innovationscluster immer noch ein Thema für Politik und Forschung. Das sind leistungsstarke Regionen mit vielen Firmen, die sich im selben Bereich spezialisiert haben und sowohl eng mit Zulieferern und Forschungsinstituten zusammenarbeiten, als auch mit Hochschulen, die für qualifizierte Nachwuchskräfte sorgen. Social Media sind zunächst einmal ein Thema für Vertrieb und Marketing. Wenn es um die Interaktion von Netzwerkpartnern, um Wissensmanagement und um die Entstehung von Innovationen geht, werden sie aber in Zukunft immer wichtiger werden. Das wird spannend!

 

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8. Wie ist es Ihrer Meinung nach um die Innovationskraft in Südtirol bestellt?

Aus der Ferne ist das gar nicht so einfach zu beurteilen. Ich denke, Südtirol ist schon auf einem guten Weg. Gerade die Universität, die EURAC, der TIS Innovation Park oder das neue Fraunhofer-Institut in Bozen bieten viele Möglichkeiten für Unternehmen. Aber wenn ich höre, dass die F&E-Quote in Südtirol bei 0,6 % liegt und dies in der Steiermark etwa sieben Mal so hoch ist, ist klar: nach oben hin ist noch Luft! Sicher müssen die Standortvorteile noch besser ausgenutzt werden. Chancen liegen meiner Meinung nach im Tourismus und in der Gesundheits- und Lebensmittelindustrie, aber auch in der hohen Lebensqualität und vielleicht in kreativen und wissensbasierten Bereichen.

 

9. Was wünschen Sie sich für Ihre Heimat?

Ich denke, es ist wichtig, dass sich Südtirol seine Einzigartigkeit bewahrt. Gerade weil die Welt ja immer kleiner wird, ist es schön, wenn man es schafft, Fortschritt und Innovation mit Tradition und Herkunft zu vereinen. Das klappt schon ganz gut. Mir persönlich würde eine bessere Zugverbindung schon was bringen! Ich fahre gern mit dem Zug, aber wenn man von Innsbruck bis Bozen zwei Stunden braucht, dann ist das nicht ganz optimal.

Interview: Alexandra Hawlin

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