Holz? Zukunft mit Wurzeln

Donnerstag, 19.06.2025
Er ist Vizepräsident der Division Mass Timber bei der Hasslacher Gruppe – eine der größten Holzindustrien Europas. Im Interview spricht Südstern Fabian Kern, 37, über den Wandel der Branche, nachhaltige Perspektiven im Bauwesen und darüber, wie er zwischen digitalen Prozessen und DJ-Pult die Balance hält.

 

 

Gab es einen Schlüsselmoment, der dein Interesse für Holzbau oder nachhaltige Materialien geweckt hat?

Tatsächlich war das eher ein Zufall. Ich komme ursprünglich aus der Wirtschaft, habe Betriebs- und Volkswirtschaft studiert. Nach dem Studium habe ich mich bei international tätigen Südtiroler Unternehmen beworben. Über ein Projekt kam ich schließlich zu einem Standort in Magdeburg, der damals noch zur Rubner Gruppe gehörte. Das war ein bedeutender Schritt für mich, es wurde kaufmännische Unterstützung gebraucht – und so bin ich in der Holzbranche gelandet. Rückblickend war das der Beginn einer Entwicklung, die sehr gut zu mir passt.

 

Welche Stationen waren für deinen heutigen Job bei der Hasslacher Gruppe besonders prägend?

Entscheidend war sicher die Zeit bei Rubner. Parallel zum Studium habe ich in einer kleinen Beratungsfirma gearbeitet, die Marktforschung gemacht hat. Das konnte ich gut – viele der Aufgaben liefen schon damals remote. Mein Ziel war aber immer, etwas mit mehr Substanz zu machen und in einen Bereich zu gehen, der auch international geprägt ist. Die Stationen haben sich organisch aneinandergereiht.

 

Du hast während des Studiums viel gearbeitet. Hat dich das geprägt?

Ja, sehr. Es hat mir geholfen, mich selbst zu organisieren. Ich hatte zwar familiären Rückhalt, aber ich komme aus eher einfachen Verhältnissen. Ich musste früh Verantwortung übernehmen – nicht fachlich, aber in puncto Disziplin, Selbstständigkeit und Einsatzbereitschaft.

 

Was macht die Hasslacher Gruppe aus – insbesondere in deinem Bereich?

Die Gruppe umfasst insgesamt zwölf Produktionsstandorte weltweit, davon sechs in der Massivholz-Division, für die ich verantwortlich bin. Die Gruppe ist in zwei Divisionen gegliedert – da ist die Säge- und Forstdivision auf der einen Seite, die Massivholzproduktion auf der anderen. Wir liefern die Bauteile für Holzbauprojekte – vom kleinen Projekt eines Zimmerers bis zum international tätigen Baukonzern.

Wie unterscheidet sich die industrielle Perspektive vom klassischen Holzbau?

Wir schaffen die Grundlage für den modernen Holzbau. Unsere Produkte fließen direkt in große Projekte ein – etwa beim neuen Lego-Headquarter in Dänemark, das wir von der Planungsphase bis zur Montage begleiten. Der Holzbau hat in den letzten Jahren massiv an Marktanteilen gewonnen, aus regulatorischen Gründen, aber auch aus ökologischen. Durch neue EU-Vorgaben, die den CO₂-Fußabdruck berücksichtigen, wird nachhaltiges Bauen gefördert.

 

Was wird häufig missverstanden, wenn es um Nachhaltigkeit im Holzbau geht?

Viele glauben, Holzbau schade den Wäldern. In Wahrheit ist es genau umgekehrt – in Europa wächst der Wald. Bei nachhaltiger Forstwirtschaft wird nicht nur nachgepflanzt, sondern oft mehr, als geerntet wird. Außerdem wird das CO₂, das im Baum gespeichert ist, im Bauwerk gebunden – über Jahrzehnte. Das macht den Holzbau so relevant für die Klimawende.

 

Welche technologischen Entwicklungen siehst du derzeit in deinem Bereich als besonders zukunftsweisend?

Ganz klar: Kreislaufwirtschaft. Produkte sollen künftig mehrfach verwendet werden. Wir arbeiten an Lösungen, wie man heute produzierte Elemente wie Brettsperrholz oder Leimbinder in 50 Jahren erneut nutzen kann. Dazu setzen wir auf Digitalisierung: Chips im Holz speichern Produktdaten, um bei späterer Wiederverwendung die Eigenschaften auslesen zu können.

 

Inwieweit ist künstliche Intelligenz bei Hasslacher ein Thema?

Wir setzen KI bereits punktuell ein – vor allem in der Auftragssteuerung und Prozessoptimierung. Die Produktentwicklung selbst ist noch nicht so stark betroffen. Natürlich gibt es Herausforderungen, zum Beispiel, wenn Mitarbeiter ChatGPT verwenden und dabei den privaten und beruflichen Gebrauch vermischen. Aber generell sehen wir große Chancen.

Wie reagieren klassische Bauunternehmen auf die stark steigende Nachfrage im Holzbaubereich?

Sehr unterschiedlich. Internationale Konzerne, mit denen wir arbeiten, sind offen und treiben das Thema aktiv an. Einer unserer großen Kunden aus Skandinavien beispielsweise hat von Beton stark auf Holzbau umgeschwenkt, weil das als Baustoff der Zukunft angesehen wird. Andererseits gibt es viele kleine Zimmereien, für die Digitalisierung oder Kreislaufwirtschaft noch nicht so greifbar sind. Die wollen ihr Stück Holz, das sie handwerklich bearbeiten. Das Spektrum reicht bei uns also von digital führenden Baugruppen bis hin zur handschriftlichen Bestellung.

 

Gibt es ein Projekt, auf das du besonders stolz bist?

Da gibt es mehrere. Zum Beispiel das Louis Vuitton Museum bei Paris, das HoHo in Wien – aktuell das höchste Holzgebäude der Welt – oder ein großes Robotikzentrum in Dänemark. Aber auch viele weniger sichtbare Projekte wie Logistik- oder Industriehallen sind relevant. Besonders spannend finde ich ein Kooperationsprojekt, bei dem wir Autobahnschilderbrücken aus Holz statt Stahl realisieren. Und wir arbeiten an Hybridlösungen für Windkrafttürme – ebenfalls mit Holzanteil.

 

Du bist seit 13 Jahren in der Branche. Wo siehst du dich in zehn Jahren?

Ich bin jemand, der Kontinuität schätzt, solange es spannend bleibt. Ich brauche Abwechslung, Dynamik und neue Herausforderungen. In der Hasslacher Gruppe hatte ich das bisher immer. Sollte sich das ändern, bin ich offen für Neues – aber grundsätzlich sehe ich in meinem aktuellen Umfeld noch sehr viel Potenzial.

 

Wie ist dein Bezug zu Südtirol geblieben? Eigentlich sollte es ja nur ein Jahr in Magdeburg sein… 

Der ist stark. Ich habe enge Freunde dort, meine Familie, die Berge. Wir versuchen mehrmals im Jahr in den Süden zu fahren. Beruflich bin ich regelmäßig in Oberkärnten, das ist nicht weit von Bruneck. Ich bin also immer wieder mal „daheim“, auch wenn ich in Magdeburg lebe, übrigens mitten in der Stadt, die ich sehr zu schätzen gelernt habe.

Was gefällt dir an Magdeburg?

Es ist eine Stadt mit knapp 240.000 Einwohnern, gut strukturiert und mit Nähe zu Berlin, in knapp einer Stunde ist man dort. So nah an einer Weltstadt zu leben, schätze ich sehr. Musik interessiert mich seit jeher, also nutze ich die kulturellen Angebote in Berlin regelmäßig. Dazu hätte ich jetzt in einer kleineren Realität nicht diese Möglichkeiten. In Südtirol war ich Teil einer Hip-Hop-Formation namens „Livepräsenz”, die heute noch auf Spotify zu finden ist. Wir waren zwischen 2002 und 2008 recht präsent, haben zwei Alben gemacht und auf vielen Festivals gespielt. Heute lege ich noch als DJ auf. 

 

Eine Abwechslung zum Arbeitsalltag?

Absolut, und vor allem ein großer Spaß. Mir gefällt es, am Puls der Zeit zu bleiben und Neues auszuprobieren. 2021 habe ich ein berufsbegleitendes Weiterbildungsprogramm in Oxford abgeschlossen – ein Executive Education-Programm, das mich beruflich wie persönlich weitergebracht hat. Das war eine prägende Erfahrung.

 

Gibt es aus deiner Sicht so etwas wie ein Südtiroler Mindset?

Ich denke schon. Wir haben bei Hasslacher mehrere Südtiroler und man merkt oft eine ähnliche Haltung: Leistungsbereitschaft, Eigeninitiative, der Wille, etwas zu gestalten. Im internationalen Vergleich fällt das schon auf. Und es gibt ein starkes Netzwerk unter den Südtirolern weltweit, das ist spannend zu beobachten. 

 

-> Hier könnt ihr verschiedene Projekte von Hasslacher sehen: 

https://www.hasslacher.com/de/museum-fondation-louis-vuitton

https://www.hasslacher.com/bjergsted-financial-park

https://www.hasslacher.com/bunjil-place

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