Sein Traum: ein Forschungsinstitut in Südtirol

Mittwoch, 31.05.2023
Schon in seiner Kindheit war Simon Schorn viel draußen unterwegs. Das hat ihn geprägt. Er studierte Erdwissenschaften und forscht heute an der Universität Graz. Für seine Arbeit im Bereich der metamorphen Petrologie ist er letzthin mit dem renommierten Petraschek-Preis ausgezeichnet worden. Im Gespräch erzählt der Südstern, was ihn an Gesteinen fasziniert und warum sich das, was er tut, gar nicht wie Arbeit anfühlt.

 

 

Dein Fachgebiet ist die metamorphe Petrologie. Du beschäftigst dich mit Steinen – was genau hast du dabei im Fokus?

Die metamorphe Petrologie beschäftigt sich damit, wie Steine vor allem in der Erdkruste durch tektonische Prozesse umgewandelt werden. Durch radioaktiven Zerfall auf der Erde entsteht in der Tiefe Wärme, dadurch steigt die Temperatur. Zudem steigt mit der Tiefe der Überlagerungsdruck – ähnlich wie uns die Ohren zufallen, wenn wir tief ins Wasser tauchen. Das bedingt, dass sich die Elemente in den Mineralen, welche die Gesteine bilden, neu anordnen. Ich versuche, anhand von metamorphen Gesteinen zu verstehen, wie sie sich entwickelt und welchen Weg sie durch die Erdkruste genommen haben. Dadurch können wir Rückschlüsse ziehen, was die großen tektonischen Prozesse waren. Zum Beispiel, ob an der Stelle ein Ozean entstanden ist oder Gebirge aufgefaltet wurde. 

 

Gestein ist nichts Lebendiges. Was fasziniert dich so sehr daran?

Egal, wohin wir schauen, überall sind geologische Prozesse. Alleine zu verstehen, wie diese funktionieren, ist für mich spannend. In der metamorphen Petrologie entwickelt sich so viel, immer wieder ordnet sich etwas neu an. Diese Prozesse faszinieren mich einfach sehr.

 

Du bist in der Forschung tätig und machst gerade deinen Post-Doc. In der Wissenschaft sind viele Aufträge befristet. Was ist deine Erfahrung?

In der Forschung sucht man oft um die Finanzierung für Projekte an, die einem dann einen Auftrag für eine bestimmte Zeit ermöglichen. Die Bewilligungsquote liegt öfter unter 20 Prozent – das verdeutlicht, wie schwierig das Ganze ist. Ich hatte das Glück, dass mein Projekt, an dem ich gerade arbeite, 2020 gefördert wurde. Im Oktober läuft es allerdings aus und somit werde ich die Uni Graz wohl wieder verlassen. Ich habe bereits für ein neues Projekt in Deutschland angesucht. In den vergangenen zwölf Jahren habe ich nie mehr als drei Jahre an einem Ort verbracht – das ist Fluch und Segen gleichzeitig. Einerseits ist es spannend und aufregend, immer wieder Neues zu sehen und zu erleben. Andererseits möchte ich natürlich irgendwann auch ein Stück weit sesshaft werden. Mein Ziel ist es, in naher Zukunft eine Professur zu haben.

 

 

Damit fällt Südtirol wohl aus dem Raster?

An der Uni Bozen gibt es keine große naturwissenschaftliche Fakultät und wenn es irgendwann eine geben sollte, dann sind Erdwissenschaften wohl eher nicht sofort auf dem Schirm. Ich bin wirklich gerne daheim und vermisse es auch. Wenn sich die Möglichkeit irgendwann ergeben würde: Ich würde es sofort machen! In meinem Kopf spinnt eine Idee herum, irgendwann ein Institut in Bozen zu eröffnen. Südtirol liegt im Herzen der Alpen. Du hast die Dolomiten, dann die kristallinen Berge, alle möglichen Probleme wie Hangrutschungen und Muren, die durch den Klimawandel noch verstärkt werden. Die periadriatische Naht geht durch Meran hindurch, das ist die tektonische Grenze zwischen Afrika und Europa. Südtirol ist also aus geologischer Sicht sehr abwechslungsreich, geradezu prädestiniert für ein Institut…

 

Wie bist du zu den Erdwissenschaften gekommen?

Die Bindung zur Natur war immer schon da. Meine Mutter hat Mathematik und Naturkunde in der Mittel- und Oberschule unterrichtet. Sie brachte meine Freunde und mich sehr oft nach draußen, wir haben uns Bäume und Tiere und Steine und alles mögliche angeschaut. Diese Welt hat mich fasziniert, trotzdem habe ich mich erstmal für die Geometerschule entschieden. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass mein Vater Architekt ist. Ich habe es durchgezogen, am Ende aber einen anderen Studienweg eingeschlagen. Erdwissenschaften: für mich die absolut richtige Entscheidung. 

 

Was möchtest du in den nächsten Jahren machen?

Mein Interessengebiet ist überall dort, wo es Berge gibt. Grönland würde mich interessieren, weil dort ganz alte Kruste aufgeschlossen ist. Trotzdem: Dort leben möchte ich auf keinen Fall. Ich möchte einfach noch so viel wie möglich lernen, zum Beispiel einen Fokus auf  Computersimulationen und numerische Modellierungen legen. 

 

Worin bist du richtig gut?

Mein Spezialgebiet ist die thermodynamische Modellierung. Dabei geht es um die Frage, wie viel Druck und Temperatur ein Gestein „gesehen” hat.

 

Was ist dein größtes Glück in der Arbeit?

Natürlich möchte ich nicht in einem Karton hausen – aber Geld ist nicht mein Antrieb. Dann wäre ich an der Uni auch definitiv am falschen Platz. Die Arbeit hört nicht um 17 Uhr auf, es ist etwas, das mich in meinem Leben begleitet. Dabei fühle ich mich so, als würde ich gar nicht arbeiten. Das ist ein gutes Gefühl. 

Foto: © ÖAW / Ludwig Schedl

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