Drei Fragen an... ANDREAS SEEBER
Was hat dich persönlich zur Onkologie gebracht?
Mich hat von Beginn an fasziniert, dass die Onkologie an der Schnittstelle von modernster Wissenschaft und menschlicher Nähe steht. Bereits im dritten Semester meines Medizinstudiums hatte ich meinen ersten intensiven Kontakt mit diesem Fach – und mir war sofort klar: Das ist meine Zukunft.
Hinzu kam, dass während meiner Ausbildung beide Eltern an Krebs erkrankten. Diese Erfahrung hat mir eindrücklich gezeigt, wie groß der medizinische, aber auch der menschliche Bedarf in der Onkologie ist. Die Möglichkeit, wissenschaftliche Innovation mit Empathie zu verbinden und Menschen in einer besonders verletzlichen Lebensphase zu begleiten, war für mich letztlich ausschlaggebend, diesen Weg zu gehen.
Gab es einen Moment, der dir gezeigt hat, wie wichtig Präzisionsmedizin für Patientinnen und Patienten ist?
Die Präzisionsonkologie ist heute ein zentraler Bestandteil unseres klinischen Alltags. Ich erinnere mich an zahlreiche Patientinnen und Patienten, die durch gezielte molekulare Therapien enorm profitiert haben – in manchen Fällen ist der Tumor sogar vollständig verschwunden. Solche Erlebnisse zeigen eindrucksvoll, welches Potenzial in maßgeschneiderten Therapiekonzepten steckt: Sie ermöglichen nicht nur längeres Überleben, sondern auch ein normales Leben – etwa wieder arbeiten zu gehen, Zeit mit der Familie zu verbringen oder die Pension zu genießen.
Diese persönlichen Erfolgsgeschichten machen für mich den wahren Wert der Präzisionsonkologie aus: Forschung wird unmittelbar zu Lebensqualität.
Was begeistert dich am meisten daran, Forschung und Versorgung zu verbinden?
Mich begeistert der Gedanke der Translation – also der ständige Kreislauf zwischen Forschung und klinischer Anwendung. Erkenntnisse aus dem Labor fließen direkt in die Behandlung ein, während Erfahrungen aus der Patientenversorgung neue Forschungsfragen inspirieren. Nur durch diese enge Verzahnung können wir echte Fortschritte in der Onkologie erzielen.
Wir sehen heute messbare Resultate: eine deutliche Verlängerung des Überlebens, eine spürbare Verbesserung der Lebensqualität und gleichzeitig eine effizientere Nutzung von Ressourcen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Molekulare Tumorboard, das ich an der Medizinischen Universität Innsbruck etablieren durfte und das zeitweise auch Patientinnen und Patienten aus Südtirol offenstand. Dort diskutieren wir komplexe molekulare Befunde interdisziplinär, um für jede Patientin und jeden Patienten die bestmögliche Therapieentscheidung zu treffen.
Präzisionsonkologie ist gekommen, um zu bleiben – und die Herausforderung der Zukunft wird sein, sie noch präziser und für alle zugänglich zu machen, unabhängig vom Ort der Behandlung.